Wer zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt wurde, muss diese nicht unbedingt bis zum letzten Tag verbüßen. § 57 StGB bestimmt, dass ein Verurteilter bereits nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe – und unter besonderen Umständen bereits nach der Hälfte - vorzeitig aus der Haft entlassen werden kann.
Eine Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe kommt zunächst frühestens nach zwei Monaten in Betracht. Der Verurteilte muss der Haftentlassung zustimmen, und die Entlassung muss „unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden“ können. Ob durch eine vorzeitige Entlassung das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit gefährdet wäre, wird das Gericht unter Abwägung der Umstände des Einzelfalles entscheiden.
Gemäß § 57 Abs. 1 Satz 2 StGB ist bei der Entscheidung über eine vorzeitige Haftentlassung nach zwei Dritteln der Strafe Folgendes zu berücksichtigen:
Welche Umstände dabei ein besonderes Gewicht haben, bestimmt sich immer nach dem Einzelfall. Kooperatives Verhalten im Strafvollzug, die Gewährung von Vollzugslockerungen, die Aussicht auf geregelte Lebensumstände nach der Haftentlassung – insbesondere auf eine Wohnung und feste Arbeit – wirken sich beispielsweise positiv auf die Entscheidung aus.
Unter bestimmten Umständen ist es möglich, bereits nach Verbüßung der Hälfte einer Freiheitsstrafe aus der Haft entlassen zu werden (Halbstrafe). Mindestens müssen allerdings sechs Monate abgesessen worden sein.
Eine Entlassung nach der Hälfte der zeitigen Freiheitsstrafe kommt in zwei Fällen in Betracht: Entweder bei Verurteilten, die zum ersten Mal eine Freiheitsstrafe verbüßen, die zwei Jahre auch nicht übersteigen darf. Alternativ ist eine frühzeitige Entlassung möglich, wenn „die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzugs“ ergibt, dass „besondere Umstände“ vorliegen, die eine frühzeitige Entlassung rechtfertigen.
Unter „besonderen Umständen“ können gem. § 57 Abs. 2 StGB auch Täter, die früher bereits einmal inhaftiert waren, nach Verbüßung der Hälfte der Strafe vorzeitig entlassen werden. Diese besonderen Umstände können zum Beispiel darin liegen, dass der Verurteilte während der Haft eine besonders positive Persönlichkeitsveränderung gezeigt hat, oder wenn die Tat, für die er verurteilt wurde, als besonders milder Fall gewertet wird. Über das Vorliegen der besonderen Umstände entscheidet das Gericht letztlich im Rahmen einer Gesamtwürdigung immer für den konkreten Einzelfall anhand der persönlichen Situation des jeweiligen Inhaftierten.
Deswegen ist es wichtig, einen Antrag auf Halbstrafe stichhaltig zu begründen und alles darzulegen, was diese Einzelfallentscheidung zu Gunsten des Inhaftierten beeinflussen könnte. Noch wichtiger ist es, praktisch von Beginn der Inhaftierung auf dieses Ziel hinzuarbeiten, Lockerungen und Freigang rechtzeitig zu beantragen und durchzusetzen. Wir unterstützen Sie hierbei.
Die Aussetzung nach zwei Dritteln der Strafe ist gemäß § 57 Abs. 1 StGB eigentlich von Amts wegen zu prüfen, d.h. die Strafvollstreckungskammer entscheidet von sich aus, ohne dass es eines Antrags bedarf. Ein solcher ist dennoch sinnvoll, da der Inhaftierte dem Gericht die maßgeblichen Umstände aus seiner Sicht geordnet schildern und auch auf Tatsachen hinweisen kann, die dem Gericht ansonsten nicht bekannt wären. Für eine Aussetzung des Strafrests nach Halbstrafe ist grundsätzlich ein Antrag nötig.
Der jeweilige Antrag ist bei der zuständigen Strafvollstreckungskammer zu stellen. Für die JVA Mannheim ist beispielsweise die Strafvollstreckungskammer Mannheim zuständig; für die JVA Bruchsal und die JVA Kislau ist die Strafvollstreckungskammer Karlsruhe zuständig. Für die JVA Weiterstadt entscheidet die Strafvollstreckungskammer Darmstadt über die entsprechenden Anträge.
Ein verfrühter Antrag ist nicht sinnvoll, andererseits sollte der Inhaftierte den Antrag auf Zweidrittel- oder Halbstrafe nicht erst dann stellen, wenn der gewünschte Entlassungszeitpunkt kurz bevorsteht. Wann genau ein Antrag Sinn macht, ist eine Sache des Einzelfalls, der Länge der vollstreckten Strafe und der Komplexität des Sachverhalts. In der Regel ist ein Antrag etwa zwei Monate vor dem angestrebten Entlassungszeitpunkt sinnvoll.
Der Inhaftierte sollte sich aber – möglichst mit der Unterstützung seines Strafverteidigers – bereits deutlich früher auf eine mögliche Haftentlassung vorbereiten. Beispielsweise verstärkt es die Erfolgsaussichten eines Antrags, wenn bereits frühzeitig Vollzugslockerungen beantragt wurden. Da die Strafvollstreckungskammer vor ihrer Entscheidung die JVA anhört und deren Einschätzung maßgeblichen Einfluss hat, sollte der Inhaftierte sich dort rechtzeitig um einen positiven Eindruck bemühen. Auch um eine mögliche Unterkunft und eine Arbeitsstelle, die nach der Entlassung angetreten werden kann, sollte man sich nicht erst kurz vor dem angestrebten Entlassungszeitpunkt bemühen.
Wird der Verurteilte nach zwei Dritteln oder nach der Hälfte der Verbüßung seiner Strafe entlassen, ist ihm die Reststrafe nicht etwa erlassen. Der Strafrest wird vielmehr zur Bewährung ausgesetzt. Dies bedeutet, dass dem Verurteilten eine Bewährungszeit aufgegeben wird, während der er bestimmte Auflagen und/oder Weisungen zu erfüllen hat oder auch der Aufsicht eines Bewährungshelfers unterstellt werden kann. Verstößt der Verurteilte während dieser Zeit hartnäckig gegen seine Bewährungsauflagen oder begeht er eine weitere Straftat, kann dies zu einem Widerruf der Bewährung führen. Die restliche Strafe muss dann in Haft abgesessen werden.
Für die Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe gilt § 57a StGB. Hiernach kann das Gericht die Vollstreckung frühestens nach 15 Jahren zur Bewährung aussetzen, wenn nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten festgestellt wurde und außerdem die weiteren – oben genannten – Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 StGB vorliegen.
Ihr Strafverteidiger berät Sie bezüglich einer vorzeitigen Haftentlassung, korrespondiert mit der JVA und der Strafvollstreckungskammer und fertigt die entsprechenden Anträge auf Zweidrittel- oder Halbstrafe für Sie an. Seine Arbeit beginnt allerdings im besten Fall bereits deutlich früher. Während der Haft kann Ihr Strafverteidiger Sie bei der Vorbereitung auf einen Antrag auf vorzeitige Haftentlassung unterstützen und beispielsweise schon frühzeitig in Absprache mit Ihnen Vollzugslockerungen wie Freigang, eine Außenbeschäftigung oder den offenen Vollzug beantragen. Sie sollten für einen Antrag auf vorzeitige Haftentlassung auf die Hilfe eines Fachanwalts für Strafrecht zurückgreifen, der sich mit dem materiellen Strafrecht, dem Strafprozessrecht und der speziellen Materie des Strafvollzugsrechts auskennt. Rechtsanwalt Dr. Jörg Becker ist bereits seit 2007 Fachanwalt für Strafrecht; Rechtsanwalt Patrick Welke ist ebenfalls Fachanwalt für Strafrecht. Auch Rechtsanwalt David Vollert de Hendrik ist ausschließlich im Strafrecht tätig.Sie erreichen unsere Kanzlei telefonisch unter der Rufnummer
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